
Leerstandsutopien für Frankfurt
Das ist unser Haus!
2025Parasitäre Leerstandsutopien für Frankfurt
Während sich in begehrten Lagen kaum jemand die Mieten leisten kann, bleiben große Verkaufsflächen in der Innenstadt leer und auf der anderen Seite wird spekuliert auf den Profit, der sich aus dem Verfall alter Stadthäuser auf lukrativen Grundstücken schlagen lässt.
Für das Projekt “Das ist unser Haus!” der Bühnenbildnerin Thea Hoffmann-Axthelm wurden an zwei prominenten Orten in zentraler Lage einmal ungenutzer Wohnraum und einmal eine ungenutzte kommerzielle Fläche für einen kurzen Zeitraum zur Kulisse ausgelassener Feste, die an diesen Orten stattfinden könnten, wenn sie der Öffentlichkeit zugänglich oder schlicht als Wohnraum erschwinglich wären. Die Feste sind aufwendig ausgestattet, professionell geleuchtet und inszeniert, besetzt mit Leien und Schauspieler*innen aus Frankfurt, aber vor unverändertem Hintergrund. So wird der Ist-Zustand der verfallenden Häuser zur Kulisse der stark inszenierten Situation, die durch Kostüm, Maske, Licht und Requisite unterstützt wird. So ergänzen sich Raum, Dekor, Mensch, Kleidung zu einem Gesamteindruck, ganz wie am Theater. Und der Blick auf die Leerstehenden Häuser ist kein alltäglicher sondern ein gelenkter und politischer, der Fragen aufwirft.
Die Interventionen wurden von Emily Piwowar von der NOI Foto Crew lustvoll fotografisch festgehalten. Die Fotos werden, ähnlich einer ansprechenden Werbekampagne, im März 25 großformatig auf 6 Ströer Plakatflächen in der Stadt plakatiert. Ein QR-Code mit ergänzenden Infos und der Möglichkeit, sich auszutauschen und die parallel in der Agentur des Städtischen Wandels in der Braubachstraße 7 stattfindende Ausstellung ermöglichen es, mit den zufälligen „Zuschauern“ in Kontakt zu treten.
Es geht darum, Szenografie als Tool zur Erschließung neuer urbaner Räume der Teilhabe nutzen, neue Orte für Publikum zugänglich oder bekannt machen und dabei Denkprozesse in Gang setzen, wie mit öffentlichem und privatem Raum in einer so dicht besiedelten Stadt wie Frankfurt umgegangen werden kann.
Visualisierungen dessen, was sein könnte, aber noch nicht ist, ist ein Kernthema der szenografischen Arbeit, aber auch im Kampf um Umverteilung von städtischem Raum hilfreich, um Visionen einer Stadt vorstellbar zu machen, in der öffentlicher Raum Begegnung ermöglicht und Leerstand den urbanen Bedürfnissen entsprechend zur Verfügung gestellt wird – und sei es auch temporär, egal ob für Wohnen, Kunst, für ein Kinderkino oder eine soziale Einrichtung. Szenografie kann, im Theater oder im urbanen Raum, einen Ort öffnen oder beschränken, zur Benutzung einladen oder abschotten, Grenzen einziehen oder Hürden einreißen, je nachdem wie sie eingesetzt wird. Der Gestaltung von öffentlichen Orten in einer lebendigen und vielfältigen Stadt wie Frankfurt kann eine Schlüsselfunktion zufallen – Szenografie würde dann die Rolle als Moderator übernehmen, der Raum zur Verfügung stellt und zu Kommunikation einlädt.
Das Projekt wurde gefördert durch das Kulturamt der Stadt Frankfurt sowie vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur. Für die Ausstellung ermöglichte das Stadtplanungsamt der Stadt Frankfurt die Nutzung der Räumlichkeiten der Agentur des städtischen Wandels in der Braubachstraße 7. Danke an die Gewerke des Schauspiel Frankfurts, insbesondere Philipp und Iris Hagen von der Requisite, Ellen Jäger und Marcel Heyde von der Beleuchtung, Uwe Schlegel aus der Maske und Sabine Gogolin-Hess aus dem Kostümfundus, sowie Peter Gemmel von Ströer ohne die dieses Projekt nicht möglich gewesen wäre. Danke an alle Beteiligten auf den Bildern, insbesondere Aileen Schneider, außerdem an Felix Hevelke von Radar und der Architects4future Ortsgruppe Frankfurt.
Konzept und Umsetzung: Thea Hoffmann-Axthelm
Fotografie: Emily Piwowar /NOI Crew
Inhaltliche Beratung: Katja Herlemann
Statist:innen: Robert Bücker, Chima, Johanna Engel, Tanja Merlin Graf, Lena Grewenig, Carl Grübel, Katja und Pina Herlemann, Thea Hoffmann-Axthelm, Max Johansson, Wehwalt Koslovsky, Katharina Linder, Fabian Niebauer, Annie Nowack, Lene Oldopp, Bianca Pretorius, Malte Prien, Katharina Schenk, Aileen Schneider, Nora Solcher, Cedric Stern, Wojo van Brouwer, Uwe Zerwer
weiterführende Links:
Stadt Für Alle + Leben statt Leerstand
Architects4future
Leerstandmelder
Correctiv-recherche “Ich hab nicht was du nicht siehst”
Essay von Stephan Radomsky in der SZ
Ausstellung 7.-16.3. in der Agentur des Städtischen Wandels in der Braubachstraße 7 Frankfurt
Öffnungszeiten: Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag 11-15:30
und 7.-26.3. auf kommerziellen Großwerbeflächen in Frankfurt
Eröffnung am 7.3. um 18h, Agentur des Städtischen Wandels in der Braubachstraße 7 Frankfurt
um 19h Panel mit Stadt für Alle – Felix Hevelke von Radar – Sven Seipp von Massiv Central – Anna Scheuermann von Making Frankfurt/Architects4future – Rebecca Leudesdorff von der Agentur Mitte der Stadt Offenbach – Thea Hoffmann-Axthelm, Szenografin und Künstlerin und Katja Herlemann, Dramaturgin Schauspiel Frankfurt (Moderation).
Warum ist es so schwierig, innerstädtischen Leerstand kreativ umzunutzen? Vor allem kommerzielle Flächen könnten, wenn auch temporär, für künstlerische oder soziale Projekte zugänglich gemacht werden. Welche Ansätze gibt es, die Zugänglichkeit leerstehender Orte zu verbessern und die Kooperation zwischen Interessengruppen zu unterstützen? Anlässlich der Eröffnung der Ausstellung zum fotografischen Projekt ‘Das ist unser Haus!’ von Thea Hoffmann-Axthelm beleuchten Akteur:innen von Stadtentwicklungsprojekten die Perspektiven von Stadt, Architektur, Wirtschaft sowie von Kunst und Theater.
In Zusammenarbeit mit Architects4future – Ortsgruppe Frankfurt.